Rechtliche Entwicklungen reagieren in der Regel auf tatsächliche Erfordernisse und formen die Welt nicht eigenständig. Die Aufnahme der Zahnärzte in den Katalog der gegen Covid-19 Impfberechtigten ist nicht dem Willen entsprungen, Impfberechtigungen generell neu zu gestalten. Der Gesetzgeber hat die Aufgabe, das Gesundheitswesen funktionsfähig zu gestalten und zu erhalten. Hier gibt es seit Jahren einen immer stärker werdenden Entscheidungsdruck als Folge der sinkenden Bereitschaft, in Praxen mitzuarbeiten, und das mit einem Arbeitspensum, das zu Zeiten, als man seitens der Politik Studenten vom Studium der Medizin und Zahnmedizin wegen drohendem akademischen Proletariats abriet, als normal galt.

Die Veränderungen in den monatlichen Arbeitspensen der Praxen sind real. Wenn immer weniger ZFAs dauerhaft im Beruf arbeiten wollen, hat das Gründe, die der Gesetzgeber nur dann hinnehmen dürfte, wenn man ZFAs nicht bräuchte. Wenn bei den Behandlern 50-Stunden-Wochen durch 30-Stunden-Wochen ersetzt werden, dann reduziert sich die für die Patientenbehandlung zur Verfügung stehende Zeit um 40 Prozent, nicht aber der Behandlungsbedarf. So entsteht ein Delta, das immer größer wird. Man sieht es an der Entwicklung der Versorgungsdichte. Damit stellt sich immer drängender die berufspolitisch höchst unangenehme Frage der Delegation und Substitution zahnärztlicher Leistungen. Wer soll das Delta ausfüllen? Wie soll der Beruf der nichtzahnärztlichen Praxismitarbeiter so attraktiv gestaltet werden, dass sie bleiben oder nach Elternzeit in den Beruf zurückkehren? Mehr Verantwortung wagen ist die Lösung, zu der sich der Gesetzgeber als Folge der Veränderungen der Arbeitswelt wohl gezwungen sehen wird.

Das Statement finden Sie im BDIZ EDI konkret 1/2022