Der Erhalt des Alveolarkammes ist eine wichtige Grundvoraussetzung für jede Art der weiteren Versorgung. Aber unter welchen Voraussetzungen kann mit welchen Materialien gearbeitet werden und was kann der Anwender als Ergebnis erwarten? Welche Erkrankungen müssen beachtet werden?

Dr. Dr. Markus Tröltzsch, MKG-Chirurg aus Ansbach, führte die Teilnehmer*innen im Webinar des BDIZ EDI Mitte März 2021 durch alltagstaugliche Möglichkeiten der Knochenregeneration. Die Redaktion des BDIZ EDI konkret hat bei ihm nachgehakt.

Ridge Preservation – also der Erhalt des Alveolarkammes: Welchen Stellenwert messen Sie diesem Verfahren bei?
Die Technik gehört meines Erachtens heute zum chirurgischen Standardrepertoire, und das hat mehrere Gründe. Die Zahnextraktion ist leider manchmal das letzte Mittel, auch wenn der Zahnerhalt sehr wichtig ist. Dennoch gibt es nicht wenige Situationen, in denen wir eingreifen müssen. Wenn wir in den oralen Geweben manipulieren, dann ist Erhalt – so wie beim Zahn – oftmals die bessere Option als die Neuschaffung. Und weil das so ist, ist die Ridge Preservation ein vorhersehbares, gut durchführbares, finanziell stemmbares Prozedere, das erhebliche Einschränkungen für Patienten später verhindern kann. Daher gehört es
zum Zahnextraktions-Repertoire dazu. Und: aus meiner Sicht machen Sie absolut nichts falsch, wenn Sie den Patienten über diese Möglichkeit aufklären. Sonst müssen Sie sich wappnen, dass er oder sie in ein- bis zwei Jahren kommt und fragt, warum Sie nach Zahnextraktion nicht darüber informiert haben, dass man den Knochen hätte erhalten können. Aber auch in Sonderindikationen, z.B. bei großen Zysten oder bei Weisheitszahnextraktionen, setzen wir inzwischen Ridge Preservation-Protokolle ein, um Defekte sicher zu schließen oder empfindliche Strukturen wie den Nervus alveolaris inferior oder Nachbarzahnwurzeln sicher abzudecken.

Warum sprechen Sie von Ridge Preservation und nicht von Socket Preservation, was der geläufigere Begriff wäre?
Es findet derzeit in der Fachwelt eine Umbenennung statt. Die Extraktionsalveole ist es tatsächlich nicht, die erhalten werden muss, die soll ja zuheilen. Es gilt die Ridge, also den Kieferkamm zu erhalten.

Was sind die Voraussetzungen für den Erhalt von Knochenstrukturen?
Ganz wichtig ist die Defektbiologie, wenn wir an die Regeneration oder den Erhalt der enoralen Strukturen herangehen, weil wir daraus das Regenerationspotenzial ablesen können. Aus der Literatur und der klinischen Erfahrung kann man ganz klar sagen: je größer der Defekt sich darstellt, also absteigend vom drei-, zweiwandigen Defekt etc., desto höher
wird der regenerative Aufwand und desto mehr muss das Material, aber auch der Chirurg leisten. Bei den klassischen Ridgedefekten können Sie praktisch jedes Material verwenden. In der S2k-Leitlinie von 2021 zu Knochenersatzmaterialien konnten wir feststellen, dass streng statistisch und aufgrund der Menge der verfügbaren Literatur die xenogenen Materialien die Nase vorn haben, wenn auch nicht absolut.

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